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Dieses Thema hat 6 Antworten
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 Reiseberichte
RolandT Offline



Beiträge: 38

22.02.2008 12:45
Im Böhmerwald Zitat · Antworten





Im Böhmerwald


Das böhmische Tschechien hat noch immer höchst urtümliche, geradezu nordisch anmutende Landschaften. Im Kontrapunkt dazu stehen freilich die Musik, die aus dieser so stillen Landschaft kommt, ihre formvollen Baudenkmäler, ihre kulinarischen Traditionen, wie sie Generationen von böhmischen Köchinnen und Köchen in aller Herren Länder hinausgetragen haben und nicht zuletzt das herzhafte böhmische Bier. Es gibt aber noch einen Grund, die Reise zu unseren tschechischen Nachbarn anzutreten: Böhmen bietet uns Passionierten eine ganze Reihe gut bewirtschafteter Gewässer, in denen Forellen, Bachsaiblinge und Äschen darauf warten, umworben zu werden.



Otava 7 bei Cepice



Start ins Fischerjahr.


Der erste Tag der noch jungen Saison ließ sich nicht gerade freundlich an. Auf der Fahrt nach Bayerisch Eisenstein blies uns ein unangenehm kalter Ostwind entgegen, es regnete ununterbrochen und auf den Bergen gab es sogar noch etwas Neuschnee - alles andere als gute Bedingungen, die sich meinem Fliegenfischerfreund Karl-Heinz Fraas und mir damals boten. Doch bei dieser Fahrt an die Otava hörte der Regen auf. Hin und wieder ließ sich sogar die Sonne blicken. Als ob die Naturgewalten, die nach wie vor den Böhmerwald beherrschen, ein Einsehen mit uns hätten.
Grotesk geformte Baumwurzeln und die bemoosten Felsbrocken in den sprudelnden Bergbächen erinnern hier an Geschichten und Sagen, die seit Generationen lebendig blieben und die ganz wunderbar zu dieser bis heute höchst abgelegenen und geheimnisvollen Landschaft passen...
Gegen Mittag unternahmen wir erste Erkundungen im wildromantischen Oberlauf-Revier 8a der Otava.
Nur vereinzelt ließen sich kleinere Bachforellen und Saiblinge auf unsere Nymphen ein, wenn wir sie in den Taschenwassern hinter den großen Steinbrocken anboten. Fischchen, doch sie kämpften im wilden Wasser und waren wundervoll gezeichnet! Nachmittags befischten wir weiter stromab gelegene Strecken. Bei nur 10°C Lufttemperatur setzte dort ei starker Schlupf von kleinen, graubraunen Eintagsfliegen ein und wir erlebten eine denkbar interessante Trockenfischerei. Äschen, Bachforellen und Saiblinge konnten unseren Angeboten einfach nicht widerstehen... Bevorzugt genommen wurden Muster in den größen 12 bis 14. Graubraune Rehhaar-Sedges waren die klaren Favoriten.
Und vor allem: Trotz der Jahreszeit waren die Fische bereits in guter Verfassung.



Frühjahr an der Otava 7 bei Susice


Nach etwa einer Stunde war dieser ,,Nachmittagssprung" definitiv vorbei. Wieder floß die Otava absolut ,,tot" dahin. Kommt man in solch einer Phase erstmals an dieses Wasser, hat man unweigerlich den Eindruck, das es hier gar keine Fische gibt.Auch an den folgenden Tagen entäuschte uns die Otava nicht. Um die Mittagszeit, zwischen 13 und 15h, lösten jeweils starke Schlüpfe von Eintagsfliegen des zeitigen Frühjahrs immer wieder bei den Äschen und Bachforellen rege Oberflächenaktivitäten aus. So wurde schon unsere erste Tour des Jahres 1998 ,,ins Böhmische" zum guten Beginn.


Die Otava.


Durch den Zusammenfluß der Kremelna mit der Vydra, die beide gewaltige Gebiete des tschechischen Nationalparks im Grenzgebiet zum Nationalpark Bayerischer Wald etwässern, entsteht die Otava. Sie durchquert zunächst den Böhmerwald in nördlicher, dann Böhmen in östlicher Richtung und mündet etwa 90km südlich von Prag in die Vltava (Moldau).

Hier, im Oberlauf, führt die Otava leicht bräunliches Wasser. Das hat mit der Herkunft ihrer Elternflüsse Kremelna und Vydra aus vielen Mooren und Sumpfgebieten zu tun und mit ihren Zuflüssen stromauf von Susice. Das Revier Otava 8a, flußauf von Rejstein, ist Wildwasser pur, also für manchen nicht ganz einfach zu befischen. Denn nicht nur die größeren Steine im Fluß bieten den besten Fischen optimale Standplätze. Auch in den vielen kleineren Taschen und Widerwassern - oder am Rand der schnellen Strömung - sind sie anzusprechen. Doch dies erfordert ein gerüttelt Maß an einschlägiger Erfahrung. Solche Fische sind nur zu ,,erobern"! Stromab von Rejstein dann das Revier Otava 8. Hier wird der Fluß etwas breiter. Auch weist er schon tiefere, ruhigere Züge auf und viele geheimnisvolle Gumpen lassen erahnen, das in ihren Tiefen vorzügliche Fische einstehen. Wie das Revier,,8 a" ist auch dieser Streckenabschnitt der Fliegenfischerei vorbehalten. Das Insektenaufkommen in diesen oberen Strecken ist - entsprechend ihrer Lage im Urgestein - eher spärlich. Als Imitationen bewährten sich in unserer Praxis bislang eher große Fliegen, so z.B. 12er Rehhaar-Sedges. In den Grenzbereichen zum reißenden Wasser müssen sich die Forellen und Saiblinge in den Revieren 8 a und 8 bei ihrer Aufnahme von Nahrhaftem schnell entscheiden. Zum Prüfen unserer Angebote bleibt ihnen nur wenig Zeit.



Otava 8 bei Annin


Kommen wir nun zum Revier Otava 7.


Es ist denkbar abwechslungsreich und vielseitig. Die Otava hat hier bereits eine Breite von ca. 20 m. Und weil uns die Otava auch in diesem Abschnitt alle erdenklichen Schwierigkeiten bietet, läßt sie wirkliche Anglerherzen höher schlagen. Ihre Rieselstrecken, ihre tiefen Züge, ihre Gumpen und ihre ausgespülten Uferkurven erwecken schon beim ersten Anblick Hoffnungen auf Abenteuer. Die Otava 7 dürfen allerdings bislang auch noch Spinnfischer ,,beharken". Weit erfolgreicher fischen freilich auch hier geübte Fliegenfischer auf Bachforellen, Äschen und auf besonders schöne Saiblinge. Und obendrein auf stattliche Döbel. Das Insektenaufkommen in diesem Revier ist hervorragend: Eintags-, Köcher- und Steinfliegen treten hier im Saisonverlauf jeweils noch massenhaft auf -ein höchst reizvolles Puzzle für jeden Angel-Entomologen! Und wenn die Fische der Otava keine Oberflächennahrung aufnehmen, sind Bachflohkrebs-Muster noch immer sehr erfolgsversprechend zu fischen. Empfehlenswert dann: Gammarus-Imitationen in den Größen 14 bis 16. Tagsüber hat man während der Saison beim Anblick dieses Flusses leicht den Eindruck, das er kaum Fische hält. Abends jedoch, wenn die Sonne untergegangen ist, kann die Otava - vom späten Frühjahr bis in den Herbst hinein - bei massiven Schlüpfen immer wieder schlagartig alle ihre Fische veraten. Überall zeichnen dann Forellen und Äschen an der Oberfläche. Besonders erregend das Verhalten der Otava-Forellen, wenn in den Abenddämmerungen des Sommers Köcherfliegen zur Eiablage über das Wasser schlittern. Dann bedienen sich auch die ,,älteren Semester" an dieser reich gedeckten Tafel... Ein Fliegenfischer-Urlaub an den Läufen der Otava durch den Böhmerwald kann leicht zum großen Erlebnis werden. Fischen Sie tagsüber an den Strecken Otava 8 und 8 a. Besonders an heißen Sommertagen ist die Fischerei in diesen oberen Bereichen der Otava interessant und angenehm. Am Abend bietet Ihnen dann das Revier Otava 7 - sobald Sie sich dort ein wenig ,,eingefischt" haben - noch heute höchst erlebenswerte bis geradezu traumhafte Fischerei.



Herbst an der Otava 7 unterhalb von Susice


Böhmisches Intermezzo.

An einem der schönsten Sommertage 1997 an der Otava traf ich nachmittags einen böhmischen Fliegenfischer. Schnell kamen wir in Kontakt und trotz unserer Sprachschwierigkeiten sogar ins Schwärmen über unsere Passion. Fasziniert von der schönen Otava, ihrer Landschaft und unseren Gemeinsamkeiten fischten wir daraufhin gemeinsam weiter. Als mein neuer Bekannter eine gute Forelle ausmacht, bittet er mich, diesen Fisch zu fangen. Und beide freuen wir uns, als dies gelingt. Wie gern biete ich ihm den nächsten Stieg an und schaue zu, wie auch er die Situation meistert. Abwechselnd bringen wir nun unsere Fliegen aufs Wasser und erleben, wie uns diese ,,geteilte Fischerei" grenzenlos beglückt.

Am Abend überraschte mich dann Pavel mit der Frage, ob ich Lust hätte, nach Klatovy zu einem Klavierkonzert mitzukommen... Und ob ich Lust hatte, welch eine Frage! Im Konzertsaal kreisten meine Gedanken zunächst noch um unser beglückendes, gemeinsames Fischen an der Otava. Doch dann verzauberte mich die Musik mit Stimmungsbildern, wie ich sie seit meinen allerersten Tagen an der Otava kannte. Und ich ließ sie ganz nah an mich heran. Der Vortrag von Smetanas ,,Moldau" - mit ihren herrlich perlenden Läufen und ihrem machtvollen Hauptthema - verzauberte mich endgültig.

Klang jemals für einen von uns ein erfüllter Fischtag perfekter aus als dieser ,,mein" Tag an der Otava? Doch auch die vielen anderen Tage, die ich zuvor schon und seither wieder an der Otava verfischte, möchte ich keinesfalls mehr missen.


Fischen mit Augenmaß.


Fischzeiten und Mindestmaße:

Bachforelle: 16.04. bis 31.08. , 28cm
Regenbogen: 16.04. bis 31.08., 28cm
Saibling: 16.04. bis 31.08., 28cm
Äsche: 16.06. bis 30.11., 30cm

Tagesausfang: max. vier Salmoniden.

Lizenzen sind im Rathaus von Susice erhältlich, in der Abteilung für Landwirtschaft und Forsten, Montag bis Freitag von 8 bis 16 Uhr. Die Angelerlaubnis bekommt man dann im Angelgeschäft direkt am Marktplatz.
Alle drei Strecken werden täglich mehrmals durch die Fischereiaufsicht kontrolliert. Das geringste Vergehen bewirkt nicht nur, daß die Erlaubnis eingezogen wird, sondern auch, das alle persönlichen Kenndaten notiert werden. Damit ,,Crash-Angler" keine Lizenz mehr für diese Otava Reviere erhalten können.
Im Stadtgebiet von Susice ist die Angelfischerei nicht gestattet. Daneben schützt der Böhmische Anglerverband fast alle Nebengewässer der Otava seit vielen Jahren als Areale der natürlichen Reproduktion.


Sehenswürdigkeiten.


Böhmen bietet dem Besucher eine Vielzahl von Sehenswürdigkeiten, die die einen Zwischenstop lohnen. Um wenigstens einige wenige zu nennen: Gleich bei Susice gewährt der Aussichtsturm auf dem Hausberg Svatobor einen beeindruckenden Rundblick auf die herrliche Natur des Böhmerwaldes.

Nur wenige Kilometer flußabwärts von Susice liegt Rabi mit seiner romantischen Burgruine, der Sie unbedingt einen Besuch abstatten sollten.



Burgruine Rabi


Besichtigenswert sind weiters die Städtchen Strakonice und Klatovy. In der Kreisstadt Klatovy gefällt mir besonders der historische Marktplatz mit seinem ,,Schwarzen Turm", der Jesuiten-Kirche und den Katakomben. Im besonderen sei hier die Barockapotheke aus dem 17. Jahrhundert erwähnt, die von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt wurde. Und wer Plzen, die Landeshauptstadt Böhmens, noch nicht kennt, sollte sich einmal den historischen Stadtplatz und die große Jüdische Synagoge anschauen. Vielleicht bleibt ja auch noch ein wenig Zeit für einen Besuch im Brauerei-Museum, mit einer anschließenden Verköstigung vom frisch gebrauten Plzener Bier.

http://rolandsfs.de-forum.net

Saiblingsfischer ( gelöscht )
Beiträge:

27.02.2008 19:57
#2 RE: Im Böhmerwald Zitat · Antworten

Hallo Roland,

solche Erlebnisse zu machen ist schon ein Segen ! Aber es dann auch "SO" zu Papier zu bringen, ist eine wahre Kunst. Diesbezüglich ziehe ich den Hut vor dir !

Dir allzeit Gute Fischwaid - Wolfgang

RolandT Offline



Beiträge: 38

28.02.2008 20:25
#3 RE: Im Böhmerwald Zitat · Antworten

Hallo Wolfgang,



nicht der Rede wert. Es freut mich, wenn mein Geschreibsel gefällt.

Herzlichst Roland

http://rolandsfs.de-forum.net

Günni Offline




Beiträge: 8

29.02.2008 21:21
#4 RE: Im Böhmerwald Zitat · Antworten

Hallo Roland,
der Meinung von Wolfgang über deinen hervorragenden Artikel schließe ich mich gerne an und möchte nur noch das Wort "Respekt" hinzufügen.

Viele herzliche Grüße aus Bochum

Günni

[url]http://www.fliegenfischerschule-ruhrgebiet.de[/url)

RolandT Offline



Beiträge: 38

29.02.2008 21:58
#5 RE: Im Böhmerwald Zitat · Antworten
Hallo Günni,

dieser Böhmerwald-Beitrag sollte gerade bei Dir freundliche Momente an erlebtes wecken. Somit hoffe ich, das deine Gedanken an die Otava, die Du ja vor wenigen Jahren kennengelernt hast, auf jene Weise in lebendiger Erinnerung bleiben.

Alles Gute zu Euch nach Bochum.

Herzlichst Roland

http://rolandsfs.de-forum.net

Detlef Henkes Offline




Beiträge: 66

29.02.2008 22:52
#6 RE: Im Böhmerwald Zitat · Antworten

Hallo Roland!
Auch von mir wieder ein dickes Lob für diesen weiteren schönen Reisebericht! Unverkennbar ist auch hier wieder die qualitativ hochwertige und geschulte Feder zu erkennen. Besonders herausragend finde ich auch hier wieder deine bildliche Illustration, die gottlob (wie andererorts von Sinnesgenossen häufig zu sehen)nicht nur Fangfotos enthält, sondern die Gewässer und deren Umgebung in voller Schönheit zeigen.
Da kann man nur anmerken: Respekt lieber Roland!

Gruß
Detlef

*Es gibt Tage, da beissen die Fische wie bekloppt und es gibt Tage da gehen Bekloppte fischen und beissen sich durch. An letzteren weiß der Angler im vorraus das er nur Spot und Hohn fängt!*

RolandT Offline



Beiträge: 38

01.03.2008 15:19
#7 RE: Im Böhmerwald Zitat · Antworten


Hallo Detlef,

Fliegenfischen ist halt weit aus mehr, als ständig kapitale Fische abgelichtet zu sehen.

Herzlichst Roland

http://rolandsfs.de-forum.net

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